Digital Markets Act: Die Macht der Gatekeeper brechen

Die EU-Kommission hat mehrere Regelungsvorhaben vorgestellt, mit denen sie das Internet für Verbraucher und Wirtschaft fairer regeln will. Insbesondere der Digital Markets Act soll die Marktmacht der GAFAs beschränken. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, findet Jan Oetjen, Stiftungsrat European netID Foundation und CEO GMX und WEB.DE, aber dabei darf es nicht bleiben. In seinem Kommentar zeigt Oetjen bereits die nächsten Schritte auf.

15. Dezember 2020 von André Fertich

Jan Oetjen, Stiftungsrat European netID Foundation und CEO GMX und WEB.DE

Der Digital Markets Act ist ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die Infrastruktur der digitalen Welt muss dem Gesetz der Neutralität folgen. Betriebssysteme für Smartphones und PCs, App-Stores und Internet-Browser werden von jedem digitalen Dienst benötigt und müssen sich deswegen wettbewerbsneutral verhalten. Sie dürfen keine eigenen Produkte des jeweiligen Unternehmens bevorzugen und schon gar nicht deren Nutzung zur Pflicht machen. Sonst entstehen – genau wie in den letzten zehn Jahren geschehen – übermächtige Gatekeeper, die nach Belieben jeden Markt besetzen, Kunden und Wettbewerber auf ihre Standards zwingen und alle zur Kasse bitten können.

Es ist daher begrüßenswert, dass die neue Regulierung jetzt schon im Vorfeld greifen soll. Erst abzuwarten und dann in mühevollen Einzelverfahren Strafen zu verhängen, ist bisher wirkungslos verpufft. Ist der Geist erst einmal aus der Flasche, bekommt man ihn auch durch Bußgelder nicht wieder hinein. Auch wenn Google in den letzten Jahren Milliardenstrafen an die EU zahlen musste, wirkt das im Vergleich zum Marktgewinn eher wie ein Strafzettel für zu schnelles Fahren: Es kostet zwar etwas Geld, man ist aber trotzdem als erster am Ziel.

Ein besonders akutes Beispiel ist der Kampf um die digitale Identität. Schaffen es Google, Apple und Facebook, ihre proprietären Login-Dienste durch die schiere Marktmacht durchzudrücken, hat ein offener europäischer ID-Standard dagegen keine Chance mehr. Wenn digitale Identitäten der EU-Bürger erst einmal komplett in der Hand von Tech-Riesen liegen, werden diese die Spielregeln für die digitale Industrie, den Zugang zu Behördenangeboten und schließlich auch die Rechte jedes Einzelnen bestimmen.

Europa muss jetzt schnell die neue Regulierung durchbringen und vor allem sie dann auch anwenden. Das schafft allerdings nur die notwendige Voraussetzung für den wichtigsten Schritt, der jetzt kommen muss: endlich eigene europäische Alternativen aufzubauen. Denn sonst bleibt es lediglich bei Verschiebungen von Marktanteilen zwischen Google, Facebook und Amazon – und damit ist weder dem Wettbewerb noch Europa geholfen. Die Uhr tickt – Europa hat dafür nicht noch einmal zehn Jahre Zeit!

– Jan Oetjen, Stiftungsrat European netID Foundation und CEO GMX und WEB.DE

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