„Neue digitale ID-Standards haben ein ‘Henne-Ei-Problem'”

Die Regierung hat ihre Digitalstrategie bekanntgeben. Ein besonderer Fokus liegt auf digitalen Identitäten. Staat und Wirtschaft brauchen dringend eine Lösung, da digitale IDs Basis für die Digitalisierung sind, kommentiert Jan Oetjen, CEO der E-Mail-Anbieter WEB.DE und GMX.

31. August 2022 von Christian Friemel

Jan Oetjen ist Geschäftsführer von Deutschlands größten E-Mail-Anbietern WEB.DE und GMX. (c) WEB.DE

„Sichere digitale Identitäten als eines der Hebelprojekte in der neuen Digitalstrategie hervorzuheben, ist genau richtig. Allerdings gefährdet die Fokussierung auf den Einsatz von ID-Lösungen im öffentlichen Sektor den Erfolg des gesamten Vorhabens. Denn die Einführung von ID-Standards hat das typische Henne-Ei Problem: Keine Webseite oder App integriert ID-Standards, hinter denen keine Nutzer stehen; und kein User legt sich eine ID zu, für die es keine Angebote gibt. Wenn man dieses Dilemma auflösen will, braucht es ein Zusammenspiel aus Wirtschaft und Politik, denn die im Schnitt ein bis zwei Kontakte von Bürgerinnen und Bürgern mit staatlichen Einrichtungen pro Jahr werden nicht reichen, um sie von einem neuen ID-Standard zu überzeugen. Hier sollte man eher über einen übergreifenden Standard und Zertifizierungsmöglichkeiten für öffentliche und private Anbieter nachdenken, als in proprietäre Staatslösungen zu investieren. Sichere und zertifizierte Lösungen des privaten Sektors und staatliche ID-Lösungen sollten daher nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern sich ergänzen.“

Jan Oetjen ist Vorstandsvorsitzender der Internetanbieter WEB.DE und GMX sowie Vorsitzender des Stiftungsrats der European netID Foundation.

Kategorie: News