Digitale Daten werden beim Vererben nur selten mitgedacht. Kaum jemand legt fest, was mit dem eigenen Facebook- oder Instagram-Konto, den Fotos im Online-Speicher oder Chat-Nachrichten und E-Mails geschehen soll, wenn man stirbt. Eine Studie der E-Mail-Anbieter WEB.DE und GMX belegt, dass mehr als zwei Drittel der Internetnutzerinnen und -nutzer in Deutschland sich bislang noch nie mit ihrem digitalen Erbe beschäftigt haben.
Dabei gehören digitale Daten im Netz inzwischen genau wie Sachgüter zur Erbmasse dazu und können ganz regulär weitervererbt werden. Das neue Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz TTDSG, das am 01.12.2021 in Kraft tritt, bestätigt noch einmal: Auch Datenschutzvorgaben oder das Fernmeldegeheimnis stehen dieser bisherigen Praxis nicht entgegen. Umso wichtiger ist es daher, schon zu Lebzeiten zu bestimmen, wer die eigenen Daten im Netz erben soll. Das gilt vor allem für das persönliche E-Mail-Konto. Hier sammeln sich viele relevante Informationen, die im digitalen Alltag anfallen.
Laufende Verträge beenden
Wer online einkauft oder Verträge zum Beispiel bei Mobilfunk- oder Stromanbietern im Netz abschließt, erhält alle wichtigen Informationen dazu per E-Mail. Auch die monatlichen Rechnungen werden in der Regel digital zugestellt. Sollen im Todesfall laufende Vertragsverhältnisse gekündigt werden, können sich Erben mit Zugriff aufs E-Mail-Postfach schnell einen Überblick verschaffen und die notwendigen Schritte einleiten – so lassen sich unnötige Kosten wie Monatsgrundpreise oder Mahngebühren vermeiden.
Informationen zu anderen Plattformen erhalten
Das E-Mail-Konto funktioniert heute wie ein Ausweis im Internet: Jede Registrierung bei einem Online-Dienst braucht eine gültige E-Mail-Adresse. Darüber schickt der Anbieter nicht nur die für die Anmeldung notwendigen Daten: Auch gehen hier regelmäßig wichtige Informationen zu den verbundenen Nutzerprofilen ein. So informieren zum Beispiel soziale Netzwerke über neue Nachrichten, Unternehmen senden Zahlungsaufforderungen oder fragen Entscheidungen ihrer Kunden ab, Versicherungsdienstleister senden Updates zu laufenden Policen. Alle diese Vorgänge müssen nach dem Tod des Accountinhabers oder der -inhaberin geregelt werden. Der Zugriff aufs E-Mail-Konto ist dann ein entscheidender Schritt, um mit der Regelung all dieser Angelegenheiten zu beginnen.
Sensible und private Daten sichern
Viele Menschen bleiben ihrer E-Mail-Adresse über Jahre oder sogar Jahrzehnte treu. So sammeln sich im Laufe der Zeit auch besonders sensible Daten in einem E-Mail-Postfach. Persönliche Nachrichten, Konversationen mit Freunden und Familie, digitale Fotos und Dokumente, die empfangen oder versendet wurden, das alles geht im Todesfall an die gesetzlich bestimmten Erben über – es sei denn, man trifft per Vollmacht oder im eigenen Testament anderslautende Bestimmungen. Ein guter Grund mehr, sich schon zu Lebzeiten Gedanken darüber zu machen, wer später einmal Zugriff auf diese Daten erhalten soll.
Was also kann man tun, um den eigenen digitalen Nachlass in die richtigen Hände zu übergeben? Als Orientierung dienen fünf einfache Tipps:
I. Primäre E-Mail-Adresse nutzen
Verwenden Sie für die Registrierung auf den wichtigsten Plattformen immer ein und dieselbe E-Mail-Adresse. So ist sichergestellt, dass Hinterbliebene im Zweifelsfall alle wichtigen Informationen mit nur einem Zugang gesammelt an einem Ort finden. Achten Sie bei der Auswahl des E-Mail-Anbieters auch auf die Datenschutzbestimmungen: Während US-amerikanische Anbieter alle weltweit erlangten Nutzer- und Firmendaten an die Geheimdienste auszuhändigen haben, gelten für deutsche Provider die strengen Vorgaben des deutschen bzw. europäischen Datenschutzes.
II. Listen anlegen
Erstellen Sie eine Übersicht mit allen wichtigen Accounts, die mit Ihrem E-Mail-Konto verknüpft sind. So machen Sie es Erben oder einem Nachlassverwalter leichter, sich um sämtliche Angelegenheiten zu kümmern, die im Todesfall geregelt werden müssen.
III. 2FA beachten
Viele E-Mail-Anbieter und Online-Dienste bieten heute eine so genannte Zwei-Faktor-Authentisierung an. Dabei ist zum Login in einen Account neben dem Passwort auch ein zusätzlicher Code notwendig, der oft über eine Smartphone-App generiert wird. Denken Sie daran, dass Hinterbliebene vielleicht keinen Zugriff auf das verknüpfte Smartphone haben und treffen Sie Vorkehrungen, mit denen die 2FA im Bedarfsfall deaktiviert werden kann. Bei WEB.DE und GMX beispielsweise erhalten Sie dazu einen einmaligen Geheimschlüssel bei Aktivierung der 2FA. Diesen Schlüssel sollten Sie ausdrucken, sicher aufbewahren und unbedingt Ihren Erben oder einer Vertrauensperson zugänglich machen, damit ein späterer Zugriff auf Ihr Postfach möglich ist.
IV. Zugang regeln
Rein rechtlich erhält im Sterbefall jeder gesetzlich berechtigte Erbe Zugriff auch auf den digitalen Nachlass. Sollten Sie hier Vorbehalte haben oder den Kreis der Zugriffsberechtigten um enge Freunde erweitern wollen, lässt sich per Testament einfach festlegen, welche Personen Zugriff auf ihre Konten bekommen.
V. Daten behalten oder löschen lassen?
Ebenfalls per Testament oder mit einer entsprechenden Vollmacht für einen nahestehenden Freund bzw. Verwandten lässt sich festlegen, wie genau mit Ihren Daten verfahren werden soll. Möchten Sie, dass die E-Mails im Postfach alle gelöscht werden? Dürfen Fotos und Dokumente aus einem Cloudspeicher heruntergeladen werden? Wer genau erhält bestimmte Vertragsunterlagen in einem bestimmten E-Mail-Ordner? Und was ist mit dem digitalen Tagebuch auf dem Smartphone? Vor allem bei einem größeren Personenkreis an Erben macht es Sinn, hier für klare Verhältnisse zu sorgen.
Mit diesen Maßnahmen machen Sie es Erben und Hinterbliebenen ein Stück einfacher, in Zeiten großer emotionaler Belastung Entscheidungen in Ihrem Sinne zu treffen. Bei GMX und WEB.DE übrigens erhalten Erben Zugriff auf ein E-Mail-Postfach nur gegen Vorlage der entsprechenden Dokumente: Sterbeurkunde und Erbschein sind das Minimum.